Ich habe ein gespaltenes Verhältnis zu Chor-Coachings. Einerseits habe ich über Jahre damit mein Geld verdient und ich habe von anderen Coaches extrem viel gelernt. Andererseits werden meines Erachtens Coachings häufig gebucht, um ein Thema „abzugeben“, mit dem man selbst nicht klar kommt. Ich habe häufig erlebt, dass ein Chor zwischen zwei Coachings mit mir keinen einzigen Schritt weiter gekommen ist. Da es mir aber um um Verbesserung und Fortschritt der Gruppe geht, ist das für mich nicht akzeptabel und ich betrachte es als vergebene Liebesmüh.
Allzu häufig möchte man von mir „ultimative Tipps“ haben, was man tun kann, wenn… Oft soll ich auch kommen, um unwillige SängerInnen zum Tanzen zu bewegen.
Musikalische und tänzerische Entwicklung ist aber in erster Linie durch intrinsische Motivation zu erreichen. Die Gruppe selbst muss besser werden und Probleme lösen wollen und dafür auch Einsatz bringen. Jede(r) Einzelne muss besser werden, damit das Ganze besser wird! Und das geht nur mit Selbstverantwortung, Geduld und Fleiß. Häufig muss man sich auch sehr unbequemen Gruppen-Prozessen aussetzen, um Änderungen zu bewirken.
Hilfe zur Selbsthilfe
Ich habe mich lange darüber gewundert, dass so wenige Leute meine Ausbildung zur Chor-Choreografin (Choreo-Crew) in Anspruch nehmen, obwohl so viele Chöre nach Chor-Coachings fragen (die ich gar nicht mehr alle bedienen kann). Warum nicht selber lernen, wie es geht? Ist das nicht viel effektiver und lehrreicher für alle?
Aber es bedeutet eben auch Arbeit und Konfrontation mit der Gruppendynamik. Als Coach wirke ich hier vielleicht wie ein Aufputschmittel, das für einige Zeit wieder gute Laune und die Probleme vergessen macht. Um das Thema bei der Wurzel zu packen, muss man sich selbst intensiv damit auseinandersetzen. So sehe ich es zumindest heute.
Chor-Coachings: Fluch oder Segen?
Chor-Coachings können sehr hilfreich sein, um einen Chor in bestimmten Bereichen zu verbessern, z.B. bei der Intonation, dem Zusammenspiel oder auch der Chor-Choreografie. Jedoch kann es auf Dauer wenig Sinn machen, nur auf diese Weise zu arbeiten, da es einige Einschränkungen gibt:
Limitierte Kapazität: Chor-Coachings haben oft nur begrenzte Kapazitäten und sind meist sehr teuer. Es kann schwierig sein, regelmäßig genug Coaching-Einheiten zu buchen, um den Fortschritt des Chors langfristig sicherzustellen.
Abhängigkeit vom Coach: Wenn sich ein Chor zu sehr auf Coachings verlässt, kann dies dazu führen, dass die Mitglieder denken, dass sie nur dann gut singen können, wenn ein Coach anwesend ist. Dies kann die Motivation und das Selbstvertrauen der Sängerinnen und Sänger beeinträchtigen.
Mangelnde Kontinuität: Chor-Coachings sind oft sehr intensiv und konzentrieren sich auf spezifische Aspekte des Singens. Es kann jedoch schwierig sein, den Fortschritt in diesen Bereichen beizubehalten, wenn keine regelmäßige Arbeit daran stattfindet.
Unzureichende Weiterbildung: Ein weiterer Nachteil von Coachings ist, dass sie sich oft nur auf einen bestimmten Bereich des Singens konzentrieren und die Sängerinnen und Sänger nicht in anderen wichtigen Bereichen des Chorsingens weiterbilden.
Fehlende Einbindung der Chormitglieder: Coachings können dazu führen, dass die Sängerinnen und Sänger passiv bleiben und sich auf den Coach verlassen. Eine langfristige Verbesserung des Chorsings kann jedoch nur erreicht werden, wenn alle Mitglieder aktiv an der Weiterentwicklung des Chors beteiligt sind.
Mein Fazit
Insgesamt können Chor-Coachings also sehr nützlich sein, um einen Chor in bestimmten Bereichen zu verbessern. Auf Dauer ist es jedoch wichtig, dass der Chor auch regelmäßig selbstständig arbeitet und sich weiterbildet, um langfristig erfolgreich zu sein. Aus diesem Grund lege ich großen Wert darauf, dass meine Coachings auch das Thema Nachhaltigkeit beinhalten. Ihr lernt also nicht nur, euch zu einem Lied schön zu bewegen, sondern auch, wie man Choreografien entwickelt und die Fähigkeiten der Einzelnen wachkitzelt.
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